Aikido – Der Weg zur Konzentration der Lebensenergie

Aikido – Der Weg zur Konzentration der Lebensenergie

Vor noch nicht all zu langer Zeit war der Begriff „Aikido“ nur wenigen Leuten in Japan bekannt, doch heutzutage beschäftigen sich viele Menschen auf der ganzen Welt mit dieser ja-panischen Kampfkunst. Das Aikido ist also nicht eine Traditionelle Kampfkunst, die schon lange immer weitervermittelt wird, sondern eine „junge“ Kampfkunst, die im 20. Jahrhundert entstanden ist, doch deren Wurzeln bis ins Altertum zurückgehen.

Der Begründer des  Aikido ist Morihei Ueshiba

Morihei Ueshiba der durch seinen außergewöhnlichen Lebenslauf unglaublich viel erlebte und viele Erfahrungen sammelte, so dass er sich letztendlich als Erfinder einer ganz neuen, außergewöhnlichen Kampfkunst benennen konnte:
Morihei Ueshiba wurde am 14. Dezember 1883 als Nachfahre einer alten Samurai-Familie in Tanabe in der Präfektur Wakayama geboren. Er war als Kind sehr klein, schwach und kränklich und wollte deswegen seit seiner Kindheit körperliche Vollkommenheit erreichen.

 

So begann er mit 13 Jahren, sich mit Jujutsu zu befassen und beschäftigte sich dabei vor allem mit dem Krafttraining, indem er seinen Körper durch Gewichtheben, Langlauf und Schwimmen kräftigte. Er war jedoch bald mit seinen Kenntnissen über das Jujutsu unzufrieden und wanderte durch ganz Japan und ging von Dojo zu Dojo um dort nacheinander die Techniken von vielen verschiedenen Stilen zu erlernen. Außer mit dem waffenlosen Kampf beschäftigte er sich auch noch mit dem Kendo (dem klassischen jap. Schwertkampf) und dem Hojutsu (dem jap. Speerkampf), was ihm später bei der Entwicklung der Aikido-Techniken sehr half.
Im russisch-japanischem Krieg (1904-1905) meldete er sich freiwillig zur Armee und nahm an den blutigen Kämpfen teil. Als er jedoch 1905 in seine Heimat zurückkehrt, erkrankte er an Enzephalites, und verbrachte mehrere Monate in einem Kampf um Leben und Tod, doch letztendlich war sein abgehärteter Körper stärker als die Krankheit und er genas.

Nun setzte er sein Studium über die Kampfkünste fort und suchte nach der höheren Weisheit des Budo, jedoch war er nach seinen Erlebnissen im Krieg nun ein sehr friedvoller Mensch, was man auch an den später Techniken im Aikidosah, diese beinhalten nämlich fast ausschließlich Würfe und schmerzhaft Griffe, die den Gegner nicht ernsthaft verletzten, und kaum oder gar keine Schläge und Tritte.
Zunächst beschäftigte er sich intensiv mit dem Judo, wobei ihn vor allem die schmerzhaf-ten Griffe und Armzwingen interessierten.
1910, im Alter von 27 Jahren, begab er sich nach Hokkaido (eine Insel im Norden Japans), um ein Schüler von Takeda Sokaku zu werden, der das traditionelle Aijutodome (ein Deckname für eine Kampfkunst namens „Aikijutsu“, die seit ca. 865 n. Chr. in einer mächtigen Kaiserfamilie über Generationen, unter ständiger Verbesserung, unter dem Schulennamen „Daitoryu“ weitergegeben wurde und sich vor allem mit den lebenswichtigen Körperpunkten befasst) ausübte.

Nach einem fünf-jährigen, harten Studium des Aijutodome bzw. des Aikijutsu erhielt Ueshiba sein Diplom von Takeda Sokaku und verließ Hokkaido, um sich um seinen kranken Vater zu kümmern. In dieser Zeit lernte er auch den Begründer der Omotokyo-Sekte (Omotokyo bedeutet „Lehre von der großen Grundlage“), Degucho Wanisaburo, kennen.

Dieser war auch ein Meister der Kampfkünste und es wird vermutet, dass er Ueshiba in die Geheimnisse der in den Bergen lebenden Yamabushi (eine bestimmte Art von Mönchen) einführte.

Nach dem Tod seines Vaters verbrachte Ueshiba vier Jahre auf dem Berg Ajabe, um dort seinen Körper und seinen Geist zu vervollkommnen und um viele Gespräche mit Degucho Wanisaburo zu führen. Ueshibas Erlebnisse aus dieser Zeit waren sehr prägend für die weitere Entwicklung des Aikidos:
Ueshiba folgte den Lehren der Omotokyo-Sekte, die Degucho Wanisaburo folgendermaßen beschrieb:
1.    Wenn du die Erscheinung der Natur beobachtest, wirst du das Wesen des einzigen Wahren Gottes  verstehen.
2.    Wenn du die ununterbrochenen Wandlungen in der Natur beobachtest, wirst du das Wesen der Lebensenergie (Ki/Chi) des einzigen Wahren Gottes verstehen.
3.    Wenn du die Psyche der Tiere und des Menschen beobachtest, dann wirst du die Seele des einzigen Wahren Gottes verstehen.

Indem Ueshiba sich an diese Lehren hielt, die klassischen chinesischen und japanischen Philosophien studierte und die lebende Natur beobachtete, entwickelte er zum ersten mal die Lehre zur Konzentration der Lebensenergie, und beschrieb seine Erlebnisse, unter anderen auch seine Verschmelzung mit der Natur, folgendermaßen:

„Wer das geheimnisvolle Aikido im Weltall und in sich selbst beherrscht, der kann von sich sagen: ‚Das Weltall – Das bin ich’… Versucht der Gegner mich anzugreifen, so stößt er deshalb mit dem Weltall selbst zusammen, dessen Harmonie er zerstören muss. Doch schon in dem Augenblick, in dem er sich entschlossen hat, mit mir seine Kräfte zu messen, ist er besiegt.“

Jedoch wusste Ueshiba zunächst nicht, wie er mit dieser Erkenntnis in der Praxis etwas erreichen könnte, denn er wusste, dass es nicht zur Zunahme der Körperkräfte kommt, wenn man sich als Teil des einheitlichen Weltalls sieht, und auch die vielen Techniken der Kampfkünste, die Ueshiba beherrschte, stellten keineswegs einen Schlüssel zur Harmonie mit dem Weltall dar.

Er wusste, dass das Verschmelzen und die Vollkommenheit des Körpers und des Geistes sich nur erreichen lassen, wenn der Intellekt und die körperlichen Fähigkeiten nicht mehr einfach nur „nebeneinander“ in demselben Körper existieren. Doch nach langem Bemühen, Fasten und langer Meditation erlebte Ueshiba 1925, im Alter von 42 Jahren, das Satori, der Augenblick der Vereinigung von Köper und Geist, eine Art „Erleuchtung“, nachdem er einen Kendo-Meister ohne kämpfen zu müssen, besiegte und beschreibt es mit seinen eigenen Worten:

„Von diesem Augenblick an und für mein gesamtes weiteres Leben verstand ich, dass die ganze Welt von nun an mein Haus ist, dass mir die Sonne und die Sterne gehören. Eine hohe Stellung in der Gesellschaft, Ruhm, Ehrung, Reichtum – all dies verlor für mich für immer seine Bedeutung.
Die wahre Kampfkunst hat nichts gemein mit der groben körperlichen Kraft, die nur dazu erforderlich ist, um einen Gegner zu besiegen, und noch weniger mit irgendeiner tödlichen Waffe, die Zerstörung in die Welt bringt. Die wahre Kampfkunst ist dazu bestimmt, den harten Kampf zu vermeiden und das allgemeine Ki zu regulieren, indem es die Welt bewahrt und allem in der Natur erlaubt, zu wachsen und sich zu entwickeln.

Deshalb dürfen die Ãœbungen in jeder beliebigen Art der Kampfkünste kein Selbstzweck zur Vernichtung des Gegners sein, sondern sie müssen vielmehr in uns das Gefühl der Liebe und der Achtung gegenüber der Umwelt herausbilden“

Ueshiba sagte auch, dass es sinnlos sei, über einen Gegner zu siegen, da dies kein Sieg von Dauer ist, denn jeder heutige Meister kann am nächsten Tag schon wieder besiegt sein. Der wahre Sieg liegt nämlich darin, die Kontrolle über den eigenen Verstand, die eigenen Gefühle und über seinen eigenen Willen zu erlangen, und wer seine „durch irdische Versuchungen unterworfenen Natur“, wie Ueshiba es nennt, überwunden hat, und in Einheit mit dem Weltall ist, wird aus jedem Kampf als Sieger hervorgehen. Diese Vorstellung ist auch der Grund dafür, dass Ueshiba immer gesagt hat, dass das Aikido nicht als Wettkampf ausgeführt werden soll.
In der tieferen Philosophie des Aikido, die aus Verschmelzung von Shintoismus, Daoismus und Zen-Buddhismus entstanden sind, beschäftigte sich Ueshiba vor allem mit der Codierung seiner Weisheit in geometrische Figuren (z.B. Dreieck, Quadrat und Kreis), die nur von Ein-geweihten entziffert werden können. Außerdem entwickelte Ueshiba aus schon seit alt her; bekannten Ideen über die Kraft der Laute (vor allem die Vokale) eine „Lehre von der symbo-lischen Macht der Laute“.

Hierdurch wollte Ueshiba anderen das Erreichen der vollkomme-nen Harmonie mit der Welt und dem Weltall, was das höchste erstrebenswerte Ziel Beim Ai-kido ist, erleichtern.
Doch mittlerweile geriet Japan immer mehr in einen Krieg, bis schließlich der Krieg zwischen China und Japan vollständig ausbrach. 1934 sammelte Degucho Wanisaburo, Ueshibas Lehrer auf dem Berg Ajabe, seine Anhänger, darunter auch Ueshiba, um sich, um in der Mongolei ein Reich der Gerechtigkeit und der Güte zu schaffen.
Von dieser Idee begeistert, zogen alle, die Degucho Wanisaburo überzeugen konnte, in die Mongolei, um Ihre Pläne zu verwirklichen. Doch schon bald scheiterte die Mission, da der Diktator der Mongolei eine Falle vermutete, und die Gruppe, darunter immer noch Ueshiba, konnte nur knapp durch ein japanisches Sonderregiment gerettet werden.
Von dem Fehlschlag der Mission betrübt, begab Ueshiba sich in die Präfektur Ibaraki und gründete dort 1938, im Alter von 55 Jahren, die erste offizielle Aikido-Schule, die er Kobukai nannte. Hier verbrachte Ueshiba fast seine ganze Zeit mit Meditation und mit Training, wodurch er seine Fähigkeiten noch weiter ausbaute.
Doch Japan verlor den Krieg und ganz Japan wurde dadurch erschüttert. Jedoch führte es zu einem Wiederaufleben des Budo, und 1948 wurde das bis dahin geltende Verbot der Ausführung von Kampfkünsten aufgehoben. Nun beschloss Ueshiba, im Alter von 65 Jahren, das Aikido der Öffentlichkeit zu präsentieren, wobei er vor allem die Menschen überzeugen wollte, an die Kraft der Einheit mit der Natur zu glauben.

Schon bald gründete er in Tokyo den Aikikai (die Gesellschaft für Aikido) und den Aikido Honbu (der Zentrale Aikido-Club). Von nun an bereiste Ueshiba die ganze Welt, um mit Hilfe seiner Schüler das Aikido zu verbreiten.
In seinem Unterricht legte Ueshiba auf verschieden Dinge Wert, die einer seiner Schüler, Koichi Tohei, folgendermaßen beschreibt:

1.    Konzentration auf ein Objekt
2.    Völlige Entspannung
3.    Verlagerung des Körperschwerpunktes nach unten
4.    Ausströmen des Ki/Chi

Wer all diese, in sich sehr komplexen Punkte beherrscht, befindet sich, laut Ueshiba, in einem Stadium,in dem jeder seiner Würfe zu einem Element der ewigen Wirbelbewegung des gesamten Weltalls wird.
Ein weiteres Merkmal des Aikidos ist die Kreisbewegung, denn fast jeder Wurf im Aikido ist mit einer Kreisbewegung zu vergleichen. Die Kreisbewegung ist wichtig, um fließende Ãœbergänge zu erhalten, denn wer sich geradlinig bewegt, muss letztendlich irgendwann anhalten, um sich nach links oder rechts, oben oder unten weiterzubewegen. Dies wird bei einer Kreisbewegung jedoch vermieden.

Viele weitere Aspekte kennzeichnen das Aikido, und nur durch eine Einhaltung aller Aspekte kann man zur wahren Meisterschaft des Aikidos, des Weges der Konzentration der Lebensenergie, die die Vereinigung vom Menschen mit dem Weltall als höchstes Ziel hat, gelangen.
1969, im Alter von 88 Jahren starb Ueshiba in seinem Geburtsort Tanabe, doch die Kunst und das Wesen des Aikidos lebt durch seine Schüler und durch alle Aikido-Praktizierenden auf der ganzen Welt weiter.

Quellen und Zitate aus:
-    www.wikipedia.de
-    Kempo, die Kunst des Kampfes von Alexander Dolin, Komet-Verlag.

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